Kleidung
Kleidung ist eine den Körper bedeckende Dinghülle, eine Hüllenprothese, eine Gestalt der Körper-Ding-Differenz, der Transfigurierung des Körpers, eine »mortale Verdinglichung« des Körpers. Kleidung verhüllt den menschlichen »Schandkörper«, tilgt phantasmatisch seine Sterblichkeit.
Zwischen Körper und Kleidung besteht ein »paranoisches Persekutionsverhältnis« (PIV II, 143), ein Verfolgungsverhältnis: die Angst, dass der Körper von der Kleidung absorbiert wird, dass der Körper in die Kleidung transsubstantiiert – ein wechselseitiges Begehren, wie es überhaupt zwischen Körper und Ding besteht.
In der griechischen Mythologie verzehrt das Hemd des Nessos den Körper des Herakles. Weil es getränkt vom giftigen Blut der Hydra ist, lässt es sich nicht mehr vom Körper lösen. Das Hemd wird zum Leichenhemd.
Bei der Anorexie gibt es eine besondere Besetzung der Kleidung, die den Körper so verhüllen soll, dass die Körperumrisse unsichtbar werden. Die tote Hülle der Kleidung wird zum Ideal des Körpers, zum unbedürftigen geistigen Körper, der sich nicht an den Nahrungsmitteln verschuldet.
Der Mode »letzte Dinge«. Psychoanalyseherkünftiges zur permanenten Vogue; in: Pathognostische Interventionen II, 143
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