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Schuld
Die Schuldakkumulation beginnt spätestens mit der Geburt. Diese ist der Sturz in die Vereinzelung, eine erste Todeserfahrung. Dagegen setzt sich selbstrettend der Geburtswiderruf als inzestuöser Rücksog, eine narzisstische Ursprungsaneignung als Todesparierung. Dies führt zur Selbstaufspaltung als Abspaltung des Anderen.
Sterblichkeit wird zur Schuld, indem sie entäußert wird als verdinglichende Gewalt und die Produkte dieser Gewalt (Dinge, Zivilisation) zur Verheißung der Todesüberwindung werden.
Die ursprüngliche Schuld ist das Repräsentationsvermögen, die Objektivierung, die Produktion der Dinge. Die Schuld besteht in der vernichtenden Verfügung über die Materie, den Mutterkörper.
Die Dinge absorbieren phantasmatisch die Schuld, Schuldverschluss verspricht der gelingende Gebrauch, die Konsumtion der Dinge. Krankheit ist der Versuch der Rückaneignung dieser schuldverdeckenden Konsumtion der Dinge. Normalität des Konsums und Krankheit als scheiternder Konsum sind beide trügerische Suggestionen der Schuldvernichtung.
Der Ort der Schuld ist aber nicht das einzelne Subjekt, sondern der objektive Prozess der Produktion und Verteilung, in den sich das Subjekt verstrickt, indem es die Schuld anzapft und als Krankheit (oder Intellektualität) austrägt. Krankheit ist eine besondere Sensibilität, die sich der Schuld öffnet, die ansonsten in den Dingen verschlossen bleibt.
Man kann die Urschuld als göttliche Indifferenz markieren, insofern sich diese weltschöpfend in Repräsentation differeriert.
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Anschlüsse
Für Heidegger besteht die Schuld des Daseins in der Nötigung zur Selbstvergewisserung, zur Selbstgründung. Die Schuld des Menschen trägt sich aus in der Aufgabe, seine Möglichkeiten zu entwickeln, in der Forderung nach Selbstverwirklichung.
Martin Heidegger, Sein und Zeit, 287:
"Der vorrufende Rückruf des Gewissens gibt dem Dasein zu verstehen, daß es – nichtiger Grund seines nichtigen Entwurfs in der Möglichkeit seines Seins stehend – aus der Verlorenheit in das Man sich zu ihm selbst zurückholen soll, das heißt schuldig ist."
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