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Sucht
Sucht ist eine erotische Besetzung des Todes, der Todesverfallenheit des menschlichen Körpers, ein masochistischer Genuss der Sterblichkeit, verbunden mit der Verheißung der Entschuldung. Sucht ist der Inbegriff von Krankheit.
Sucht ist eine Konkretisierung des »primären Masochismus«, er ist seine Basis. Deshalb kann es keinen suchtfreien Menschen geben. Der »primäre Masochismus« ist die Suchtdetermination des Menschen.
Die Sucht ist eine manische Option; Manie heißt, alles zu fliehen, was den Ruch der Sterblichkeit an sich hat. Sucht ist Schuldflucht. In der Sucht enthebe ich mich der Endlichkeit.
Je perfekter die Dinge, desto suchtanfälliger der Mensch. Sucht ist eine subjektive Aneignung der Perfektion der Dinge, eine der Göttlichkeit der Dinge korrespondierende Selbstvergöttlichung als Selbstentschuldung durch Schuldakkumulation. Sucht verspricht eine Befreiung von allen Differenzen der Zeitlichkeit und des Todes.
Insofern ist die Droge eine Gottesverkörperung im Sinne der Verheißung der Selbstverfügung als sich an sich selbst vernichtende Entschuldung.
Bezogen auf das Körpergedächtnis ist der Drogenkonsum eine Wiederbelebung der intrauterinen Ernährung und der extrauterinen Laktation, nicht nur beim Alkoholismus. Er ist ein Eintauchen ins Vergessen, in die glückselige Schuldlosigkeit, in die Sehnsucht nach Unsterblichkeit.
Anschlüsse
Die Sucht sehnt sich nach dem Sog eines Abgrundes, der die Verheißung einer Geborgenheit ist. Die Enttäuschung angesichts scheiternder Verkörperungen führt zum Wunsch nach dem Selbstopfer in einer Entkörperung. Es ist der Sog des Todestriebs in die Selbstauslöschung. Die Hingabe an etwas, das ich nicht bin, entlastet mich von der Last der Existenz.
Klaus Heinrich, Versuch über die Schwierigkeit nein zu sagen, 148:
"Sucht ist die von den Verkörperungen enttäuschte Bewegung des Sich-Entkörperns, die Gnade sucht in der Abgrundsseite des Seins; Sog die das Sich-Entkörpernde in sich einsaugende Bewegung, die ausgeht von der Abgrundsseite des Seins. Unsere Definitionen: die der Sucht als des zum Nichts sich verstockenden Nicht des Nichthabens und die des Sogs als des zum Nichts sich verstockenden des Nicht des Nicht-Gehabt-Werdens, sprechen beide vom Nichts als dem Nie-und-Nimmer einer Halt gebenden Verkörperung. Sie setzen ein Verkörperungsdenken voraus."
Abkürzungen der zitierten Werke:
AML = Aus meinem Leben. Posteriore Urszenen
APA = Apokalypse des Abbilds
HPS = Hinführung zu einer Psychoanalyse der Sachen (Pathognostik)
HTH = Hype-Thinking
KAU = Kaum (1-4)
KFO = KoreFashionista
KML = Kainsmale
LDK = Leib - Ding - Körper (I-III)
LIZ = Logik und Inzest (I-III)
LPG = Lectiones pathognosticae
LUI = Logik und Inzest (Die Eule Nr. 4)
MAT = Minora aesthetica
MTA = Metastasen
OAT = Omissa aesthetica
ODC = Oedipus complex
PAK = Psychoanalyse und Kantianismus
PGS = Pathognostische Studien (I-XIII)
PIV = Pathognostische Interventionen (I-VI)
RET = Retro (I-III)
RSD = Rückstände
RVL = Revival (1-4)
TDN = Todesnäherungen
TRT = Traum - Traum 1999
TTS = Taumel und Totenstarre
UDS = Die Utopie des Sadismus (Die Eule Nr. 3)
VIO = Violentiae
ZRS = Zerstreuungen